2020 Neujahrswünsche
Geschätzte Geschäftspartner, Freunde und Bekannte
Nach der Finanzkrise vor zehn Jahren schlüpfte China zum ersten Mal in der Geschichte in die Rolle als Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft.
Mittlerweile befindet sich das Land im Übergang von einem gigantischen Boom hin zu einem moderateren Wachstum. Vom Reich der Mitte weht denn auch ein Gegenwind, der bis nach Europa und insbesondere bis nach Deutschland spürbar ist. Europas Wachstum hängt heutzutage stärker von China ab, als viele sich hierzulande bewusst sind.
Im Umfeld einer schwächelnden Konjunktur in Deutschland und Europa wird auch die Schweizer Wirtschaft im nächsten Jahr kaum mehr als moderat zulegen können. Für die Weltwirtschaft als Ganzes machen viele Ökonomen einen leicht eingetrübten Wirtschaftsausblick aus. Im zur Neige gehenden Jahr stiessen Konjunkturprognosen in der breiten Öffentlichkeit auf geringes Interesse. Das dominierende Thema in Politik und Medien war ein anderes: der Klimawandel.
Streikende Schüler und ihr Vorbild, die 16-jährige Greta Thunberg, hievten den dringlichen Schutz von Klima und Umwelt mit medienwirksamen Aktionen unvermittelt zuoberst auf die weltpolitische Agenda. Die aufkeimende Umweltbewegung löste ein breites mediales Echo aus. Teile der Medien und der Öffentlichkeit reagierten mit nahezu ungeteilter Zustimmung auf jede Äusserung der schwedischen Klimaaktivistin. Die einer sachlichen Beurteilung dienliche emotionale Distanz drohte zeitweilig verloren zu gehen. Mit der fortschreitenden Erderwärmung kommen zweifellos gewaltige Herausforderungen auf uns zu. Sie müssen - auf der Grundlage wissenschaftlicher Fakten - mit der nötigen Entschlossenheit angegangen werden.
Eine nüchterne Analyse der Umweltsituation muss zum Schluss kommen, dass ein wirksamer Klimaschutz auch globaler Koordination bedarf. Derartige universelle Lösungen müssen jedoch mühevoll errungen werden. Es ist überdies davon auszugehen, dass massgebliche Verbesserungen nicht rasch erreich- und spürbar sein werden. Das Klima nimmt sich für alles seine Zeit. Selbst rigorose Massnahmen werden die Gefahren, die vom Klimawandel ausgehen, nicht unverzüglich bannen können. Die Klimapolitik ist eine grossenteils langfristige Politik mit wenig Aussicht auf rasche Erfolge. Dieser Umstand darf allerdings nicht als Vorwand herhalten, um so weiterfahren zu können wie bis anhin. Wichtige Lebensgrundlagen dürfen nicht durch kurzfristig ausgerichtetes Handeln unwiederbringlich beschädigt werden. Was deshalb nottut, ist nachhaltiges Handeln. Dieses setzt langfristiges Denken voraus. Gesucht und gefordert sind somit wirksame Massnahmen, die der heutigen Generation zu Gute kommen, ohne längerfristig auf Kosten zukünftiger Generationen zu gehen.
Nachhaltige Konzepte wären im Übrigen nicht nur beim Klimaschutz, sondern auch in vielen anderen Bereichen angebracht. Dazu zählt seit über einem Jahrzehnt die Geldpolitik. Die mächtigen Notenbanken konnten mit ihren umfangreichen geldpolitischen Eingriffen nach der Finanzkrise eine schwere Rezession verhindern. Sie konnten aber nicht verhindern, dass die niedrigen Zinsen und billigen Schulden vorwiegend für Finanzoperationen und nicht für produktivitätssteigernde Investitionen genutzt wurden. Seit geraumer Zeit tritt zudem immer klarer zutage, dass die Weltwirtschaft nicht mehr im Einklang mit der Verschuldung wächst: Es müssen zunehmend mehr Schulden gemacht werden, um noch Wachstum zu generieren. Der markanteste Ausdruck für die zurzeit wenig nachhaltige Wirtschaftsentwicklung ist die einst undenkbare Konstellation, dass die Aufnahme von Geld mehr belohnt wird als das Sparen.
Auch in der Politik waren in den letzten Jahren viele Massnahmen primär auf kurzzeitige Wirkung angelegt. In der Regel gelang es nicht, umfassende Reformvorhaben zur Über-windung überkommener Strukturen auf den Weg zu bringen. Politiker wissen, dass ihnen bei der Umsetzung vorübergehend schmerzhafter Reformen die Abwahl droht. Entsprechend haben es nachhaltige Lösungsansätze in der Politik grundsätzlich schwer. In der Schweiz lässt sich dieses Phänomen etwa bei Debatten über die ungebremst steigenden Gesundheitskosten oder über die Sicherung der Altersvorsorge beobachten.
Die Chancen auf nachhaltige Konzepte in der Klimapolitik und in vielen anderen Bereichen könnten durch ein breites Bündnis aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft deutlich erhöht werden. Zusätzlich ist ein Gesinnungswandel von uns allen notwendig. Es hilft jedenfalls nicht weiter, mit dem Finger auf andere, auf «die Wirtschaft» oder «die Politik» zu zeigen. Wir stehen in einer Demokratie als Einzelpersonen in der Pflicht, Veränderungen zum langfristigen Wohl des Ganzen gleichermassen mitzutragen, wenn sie von uns Opfer oder Genügsamkeit abverlangen.
Vor wenigen Wochen jährte sich zum 150. Mal der Geburtstag von Indiens Nationalheld Mahatma Gandhi. Der visionäre Anführer der indischen Unabhängigkeitsbewegung nahm eine demütige Geisteshaltung an und ging mit mutiger Aufopferung voran. Er würde uns in der heutigen Zeit wohl den Rat mit auf den Weg geben, dass wir selbst der Wandel sein müssen, den wir in der Welt zu sehen wünschen.
In diesem Sinn wünschen wir Ihrem Unternehmen oder Ihrer Institution für die Zukunft nachhaltigen Erfolg. Wir bedanken uns für die vertrauensvolle Zusammenarbeit in diesem Jahr und wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen frohe Festtage sowie alles Gute und viel Glück im neuen Jahr.