2019 Neujahrswünsche
Geschätzte Geschäftspartner, Freunde und Bekannte
Im zehnten Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise florieren Weltwirtschaft und Finanzmärkte. Den Grundstein für den aktuellen Aufschwung legten die Staaten und Notenbanken mit drastischen Stützungs- und Stimulierungsmassnahmen seit dem Krisenjahr 2008.
Finanzkrise 2008: milliardenschwere Rettungspakete von Staaten und Notenbanken
Die Staaten retteten angeschlagene Banken und legten umfangreiche Konjunkturpakete auf. Die Notenbanken öffneten die Geldschleusen weiter als je zuvor und kurbelten die Wirtschaft mit Zinssenkungen bis unter null an. Sie stimulierten mit umfangreichen Wertpapierkaufprogrammen die Finanzmärkte und verhalfen selbst riskanten Finanzanlagen zu einem Boom. Überdies schlüpften etliche Notenbanken in neue Rollen: Sie wurden zu massgeblichen Kreditgebern für Staaten und zu gewichtigen Aktionären börsenkotierter Gesellschaften.
Hinterlassenschaft der Finanzkrise: hohe Schuldenberge
Die massiven Eingriffe von Staaten und Notenbanken bewahrten die Weltwirtschaft im Jahr 2008 vor dem Absturz und den globalen Schuldenturm vor dem Einsturz. Letzterer war ab den achtziger Jahren unaufhaltsam in die Höhe geklettert, als die Schulden von Industriestaaten, Unternehmen und Privathaushalten auf einmal schneller wuchsen als die Wirtschaftsleistung. Die fortwährende Neuverschuldung war der einfachste Weg, um beständig Wirtschaftswachstum zu erzielen. Bei Ausbruch der Finanzkrise wäre das weltweite Verschuldungspotenzial dann aber ausgereizt gewesen, wenn die Notenbanken nicht in den Krisenmodus geschaltet und mit viel billigem Geld zusätzliche Verschuldungsmöglichkeiten geschaffen hätten. Die eigentlichen Ursachen der Krise vermochten die Notenbanken mit der beispiellosen Geldflut indessen nicht zu beseitigen. Die Europäische Zentralbank - und die von ihrer ultralockeren Geldpolitik unter Zugzwang gesetzte Schweizerische Nationalbank - konnten sich zudem bis heute nicht wieder aus dem Krisenmodus befreien.
Die Notenbanken verschafften den Regierungen mit dem enormen Geldschub die dringend benötigte Zeitspanne, um die eigentlichen Krisenursachen angehen zu können. Die Regierungen liessen die erhaltene Atempause allerdings verstreichen, ohne die notwendigen, aber politisch unpopulären Reformen anzupacken. Primär darum besorgt, keinesfalls die Gunst ihrer WählerInnen zu verlieren, erlagen sie vielmehr der Verlockung des billigen Geldes: Sie verschuldeten sich - zu Konsumzwecken und nicht etwa für Investitionen - noch mehr. Viele Unternehmen und Private taten es ihnen angesichts der tiefen Zinsen gleich. Die globale Verschuldungsspirale - eine Hauptursache der Finanzkrise von 2008 - drehte weiter.
Hinterlassenschaft der Finanzkrise: Vertrauensverlust in Politik und Wirtschaft
Neben hohen Schuldenbergen hat die Finanzkrise in vielen Industrieländern einen spürbaren Vertrauensverlust weiter Bevölkerungsteile in Marktwirtschaft und Politik hinterlassen. Manche Wirtschaftsführer verspielten in der Krise viel Vertrauen, indem sie mit riskantem Management und teils spekulativen Übertreibungen zum Entstehen der Misere beitrugen. Regierungen zogen sich mit ihrem Krisenmanagement den Unmut vieler WählerInnen zu, weil sie Haftung und Risiko nicht zusammenzuhalten vermochten: In der Not retteten sie Finanzinstitute und Grosskonzerne, ohne Entscheidungsträger für Missmanagement zur Verantwortung ziehen, oder Gläubiger und Eigentümer in Mithaftung nehmen zu können.
Im Nachgang zur Finanzkrise bekamen viele BürgerInnen darüber hinaus zu spüren, dass sich klassisches Sparen nicht mehr lohnt und ultratiefe Zinsen ihre Pensionsleistungen schmälern. All diese Umstände haben dazu beigetragen, dass sogenannte «Anti-Establishment-Parteien» in den Industriestaaten deutlichen Auftrieb erhalten haben.
Finanzkrise 2008: definitiv abhaken?
Wir halten den heutigen Zeitpunkt für verfrüht, um die Finanzkrise von 2008 als überstanden einzuschätzen. Die Schuldenlast ist vielerorts auf einen dermassen hohen Stand geklettert, dass nach unserer Beurteilung eine Reduktion auf ein langfristig tragbares Niveau unrealistisch geworden ist. Hierfür bräuchte es entweder einen kräftigen globalen Wachstumsschub - den Politik und Wirtschaft zur rigorosen Schuldenrückzahlung nutzen müssten - oder eine geordnete Schuldenrestrukturierung. Im letzteren Fall müssten die Gläubiger auf einen namhaften Teil ihrer Forderungen verzichten. Momentan sehen wir wenig Anzeichen für eine baldige Realisierung einer der beiden Optionen.
Besser gewappnet gegen eine künftige Krise?
Vor dem geschilderten Hintergrund halten wir die Notenbanken und Staaten heutzutage gegen eine neue globale Krise für weniger gut gerüstet als vor zehn Jahren:
- Viele Industrieländer drücken derzeit noch weitaus höhere Schulden als damals. Auf künftige Einbrüche könnten sie daher kaum noch einmal in demselben Umfang reagieren.
- Die Notenbanken haben in der letzten Finanzkrise bereits viel Pulver verschossen. Sie haben ihre Bilanzen massiv aufgebläht, die Zinsen auf ein Minimum gesenkt und das Verschuldungspotenzial weitmöglichst ausgedehnt. Sie müssen in einem künftigen Krisenfall ausserdem damit rechnen, dass die weiter gestiegenen Schulden wie ein Brandbeschleuniger wirken und ihnen die Stabilisierung des Finanzsystems erheblich erschweren werden.
- Den Regierungen dürfte es in einem künftigen Krisenfall schwerer fallen, von einer kritischer als früher eingestellten Bevölkerung zusätzliche Opfer abzuverlangen.
Weltwirtschaft und Finanzmärkte: anfällig für Schocks
Das Eis, auf dem sich Weltwirtschaft und Finanzmärkte bewegen, ist brüchiger, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Mit diesem vorsichtigen Fazit wollen wir keinesfalls die vielfältigen Massnahmen geringschätzen, die Regierungen und Aufsichtsbehörden in den letzten Jahren zur Erhöhung der Finanzstabilität erlassen haben. Doch mahnt die aktuelle Adventszeit zu einer Prise Demut und damit zu einer Zukunftseinschätzung, die unsere menschliche Unvollkommenheit mitberücksichtigt. Die letzte Finanzkrise hat uns diesbezüglich gleichfalls eine klare Botschaft mit auf den Weg gegeben: Auch auf grosse Sicherheit bedachte Strukturen und ausgeklügelte Risikomodelle bleiben im Krisenfall auf Menschen angewiesen, die verantwortungsbewusst und ethisch orientiert handeln.
Frohe Festtage und alles Gute im neuen Jahr
Wir sehen dem neuen Jahr - ungeachtet der vorgängig etwas kritisch ausgefallenen Beurteilung von Vergangenheit und Zukunft - erwartungsfroh und engagiert entgegen. Vorgängig freuen wir uns mit Ihnen auf einen besinnlichen Jahresausklang und ein geruhsames Weihnachtsfest. Für die vertrauensvolle Zusammenarbeit in diesem Jahr danken wir Ihnen herzlich. Für das neue Jahr wünschen wir Ihnen und Ihren Angehörigen Gesundheit, Zufriedenheit sowie viel Glück und bleibende Erfolge.